Wie hoch sind die Mehrkosten, die dem Investor durch die aktuelle Rechtslage abgenötigt werden?
Nachfolgend die Ergebnisse von öffentlichen Studien zur Quantitizierung der Mehrkosten für das barrierefreies Bauen. In Verhandlungen werden diese oftmals als unzumutbar hoch in den Raum geworfen - meist ohne die Beträge zu beziffern oder belastbare Zahlen zu nennen, aber um eine Front gegen die Barrierefreiheit aufzubauen. Dies ist in den allermeisten Fällen falsch und bei Neubauten quasi überhaupt nicht greifbar.
Auszug aus der Studie des Freitsaats Bayern:
Bereits im Anfang der 90er-Jahre hat der Freistaat Bayern im Rahmen des experimentellen Wohnungsbaus den Bau von sechs barrierefreien Wohnanlagen nach DIN 18025, die vor 1992 erst im Entwurf vorlag, gefördert.
Ein Beispiel ist das Modellvorhaben der arc-Architekten Biesterfeld/Brennecke/Richter "Barrierefreies Wohnen Stapferhof" in Bad Birnbach. Modellrechnungen, die im Auftrage des
Bundesbauministeriums durchgeführt wurden, ergaben nur ca. 3% Mehraufwendungen bei barrierefrei gebauten Wohnungen gegenüber anderen Neubauwohnungen (Forschungsbericht des Instituts
für Bauforschung zur Ermittlung der Kostenauswirkungen der überarbeiteten DIN 18025 vom Nov. 1990).
Quelle: http://www.netzwerk-artikel-3.de/netzinfo026/025.php
Auszug aus der Studie des schweizerischen Instituts für Hochbautechnik:
Barrierefreies Bauen: Genauso teuer wie die Baureinigung
Zu diesem sensationellen Ergebnis kommt eine Studie, die am Institut für Hochbautechnik in Zürich (Schweiz) durchgeführt und jüngst veröffentlicht wurde. Wenn ein Gebäude von Anfang an barrierefrei
geplant und gebaut wird, kostet das durchschnittlich nur 1,8 Prozent der Bausumme. Das ist etwa so viel wie die Baureinigung und weit weniger als die üblichen Skonti oder Rabatte in
dieser Branche.
Wie viel barrierefreies Bauen kostet, hängt stark von der Größe des Gebäudes ab, denn je höher die Bausumme ist, desto geringer schlägt die Barrierefreiheit zu Buche. So betragen die Mehrkosten für
ein öffentlich zugängliches Gebäude bei einer Bausumme von 5 Millionen Franken höchstens ein halbes (!) Prozent der Baukosten.
Ab einer Bausumme von 15 Millionen Franken sinken die Mehrkosten sogar unter die 0,15 Prozentmarke. Teurer zwar aber auch längst nicht so teuer wie allgemein angenommen ist es, bestehende Barrieren
nachträglich abzubauen: Hier betragen die durchschnittlichen Mehrkosten 3,5 Prozent des Gebäudewerts. Weiters hat diese Studie herausgefunden, dass barrierefreies Planen und Bauen für alle Menschen
nützlich ist, denn 83 Prozent der Kosten fallen für Maßnahmen an, die nicht allein den Zugang für behinderte Menschen betreffen. So z.B. sorgen sie dafür, dass ein Gebäude wirtschaftlich und
komfortabel - etwa durch Aufzüge oder breitere Türen - genutzt werden kann.
Die Studie kommt auch zu der Schlussfolgerung, dass bei Neubauten aufgrund der geringen Mehrkosten barrierefreies Bauen praktisch in jedem Fall wirtschaftlich zumutbar ist.
Zu ähnlich positiven Schlussfolgerungen kommt eine Kosteneinschätzung der Bayerischen Staatsregierung im Zusammenhang mit dem geplanten Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen:
Auch hier lautet das Ergebnis, dass bei der Berücksichtigung von Maßnahmen der Barrierefreiheit bei Neubauten meist nur geringe Mehrkosten anfallen
Ralph Ziemann
Sachverständiger für barrierefreies Planen und Bauen
09 / 2015